enzooo, ein lieber freund und malerkollege hat meine fischiis gesehen und bei diesem bild hat er gesagt: „Der Rote rechts unten erinnert mich an einen Bekannten aus Ungarn, leider schon verstorben, den Béla Bácsi. Der war so ein alter Grandseigneur, aber halt auch schon vom Leben ein wenig abgenutzt – als ob Du ein Foto von ihm gehabt und ihn als Fisch portraitiert hättest.“
und dann hat er in einem kommentar die ganze geschichte erzählt:
Es ist natürlich schön, wenn man ein lieber Freund genannt wird, der wunderbar Geschichten erzählen kann. Da freut man sich. Da freue ich mich, ganz konkret.
Aber Geschichten zu erzählen bedarf auch immer eines Anlasses, und da man heutzutage ja eher vor einem Bildschirm sitzt als rund um ein knisterndes Lagerfeuer oder in einer einsamen, stromlosen Berghütte in einer Winternacht, kommen diese Geschichten eher auf eine Anregung der asynchron um die sozialen Netzwerk-Lagerfeuer sitzenden virtuellen und echten Freunde – wie eben Deine großartigen Fischbilder. Dass Du meine per Facebook Private Message versandte kurze Nachricht, dass der rote Fisch da unten wie der Béla Bácsi aussieht und der links oben von Béla so, als hätte er die letzte Nacht nicht im Wasser, sondern in einem Glühweinbottich verbracht, gleich zu einem Titel verwendest, mag ich sehr: und auch Béla hätte das gemocht.
Er war einer der ungarischen Exilanten von 1956, ein echter Sir mit Stil und Klasse, aber zu dem Zeitpunkt, an dem ich ihn kennenlernen durfte, auch schon vom Leben und dessen dasselbe verkürzenden Praktiken, vor allem dem Rauchen von Zigaretten, gezeichnet. Ich kann mich nicht daran erinnern, Béla ohne Zigarette gesehen zu haben, außer vielleicht kurze Momente während des Essens, oder, wenn ihm beim Erklären der Welt, und das tat er gern, völlig entgangen war, dass seine Zigarette bis zum Filter abgebrannt war. Er glich solche Missgeschicke dadurch aus, dass manchmal eine Zigarette in seinen Händen und zeitgleich eine zweite im Aschenbecher glühte.
Er saß immer im gleichen Fauteil, von dem ich nicht weiß, ob es die tabakbraune Farbe schon beim Kauf oder ob es sich im Laufe der Jahre farblich seiner Sucht angepasst hatte. Ich saß im Gespräch immer neben ihm und sah sein Gesicht dabei immer im Profil, weil seines immer dem Tisch und dem darauf befindlichen Aschenbecher zugewandt war. Und je länger ich dein Bild ansehe, desto mehr gleichen sich meine Erinnerung und Dein Béla Fisch an.
Als ich ihn wenige Tage vor seinem Tod im Krankenhaus besuchte, residierte er keuchend und hustend in seinem winzigen Einzelzimmer, in dem man ihm erlaubt hatte, bis zu seinem Ende zu rauchen. Er erzählte mir noch ein paar dreckige WItze, auch eine seiner Leidenschaften, und ich glaube, er hätte sehr gelacht, wenn ich ihm Dein Béla-Fisch-Bild hätte zeigen können. Aber das ist sich leider um ein paar Jahre nicht ausgegangen.
(text: enzooo, bild: MtR)